Politik

CeBIT-Highlights: Greenwald und Snowden

Die freie Welt außen vor


Live auf der CeBIT: Greenwald und Snowden. (Quelle: http://www.cebit.de Collage: Michelle Eickmeier)
GDN - d!conomy ist das Stichwort der CeBIT 2015, auf der sich dieser Tage alles rund um die digitale Welt globaler Informationstechnologie dreht. Im Fokus der weltgrößten IT-Messe mit mehr als 3.000 vertretenen Unternehmen steht die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft.
d!conomy, eine Wortschöpfung aus “digital“ und “economy“ steht für den Effekt, den Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft hat. Denn digitale Technologien halten längst Einzug in unseren Alltag. Auf den CeBIT Global Conferences diskutiert dazu die Top-Elite aus Politik, Cybersecurity und IT-Branche. Zu den Highlights gehörte fraglos die Live-Videoschaltung mit Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden aus seinem russischen Exil und der Auftritt des Guardian-Journalisten Glenn Greenwald in persona am Messe-Mittwoch.
Es geht um Demokratie
Am Sonntag erst war der US-Journalist Glenn Greenwald (“The Intercept“) mit dem "Siebenpfeiffer-Preis" ausgezeichnet worden, den er im saarländischen Homburg entgegennahm. Damit hatte die Stiftung seine "Verdienste um Pressefreiheit und demokratische Transparenz" gewürdigt. Greenwald traf sich im Juni 2013 mit der US-amerikanischen Filmemacherin und Journalistin Laura Poitras in Hong Kong, um die NSA-Geheimdokumente von Edward Snowden entgegenzunehmen. Seither konzentriert sich Greenwald auf die Enthüllungen, die er journalistisch aufbereitet.
Snowden hatte mit dieser Whistleblower-Aktion an die Journalisten eine weltweite Debatte über die massive Überwachungspraxis der britischen und US-amerikanischen Geheimdienste ausgelöst. Seither befindet er sich auf der Flucht vor den USA, die ihn per Haftbefehl suchen. Greenwald zeigte sich enttäuscht darüber, "dass ausgerechnet die Nationen und Regierungen, die am meisten von dem Risiko profitiert haben, was Edward anging, beschämenderweise auch diejenigen waren, die ihm den Rücken zuwendeten".
Vergeblich hatte Snowden versucht, Asyl in Deutschland zu erhalten. Die Bundesregierung riskierte es bisher auf Druck der USA nicht, ihn als wichtigen Zeugen in Deutschland zu vernehmen. Die Opposition bestand auf einer Zeugenaussage Snowdens in Deutschland. Glenn Greenwald betonte, dass unabhängiger Journalismus auch Schutz brauche. Er sprach von einer neuen Konzeption des Journalismus als Gatekeeper (Torwächter). Als Journalist sieht er sich in der Pflicht, nicht alle Dokumente vollständig und als unbearbeitetes Rohmaterial hochzuladen.
Um den Persönlichkeitsschutz zu wahren, anonymisiert er private Daten. Auch gewährt er Informantenschutz und will er keine Auskunft über mögliche weitere Whistleblower geben. Dabei differenziert er zwischen der Privatsphäre von Bürgern und Regierungspersonen, die bewusst in der Öffentlichkeit stehen. Hinsichtlich der massiven Überwachungspraktiken der Geheimdienste GCHQ und NSA geht es ihm um Demokratie. Diese sieht er verletzt. Die Geheimdienste insgesamt würden “alles sammeln“, “Milliarden von Daten täglich“.
DW-Moderator Brent Goff warf ein, es gebe nun zwei Wege der Überwachung, die der Geheimdienste per se und die umgekehrte, quasi die aufgedeckten Enthüllungen der Geheimdienste. Greenwald erklärte, er sorge sich mehr um die Verheimlichungen der Geheimdienste als um seine geschaffene Transparenz. Die repressive Haltung vieler Regierungen gegenüber Whistleblowern sieht er darin begründet, dass sie die “Snowdens“ im eigenen Land fürchteten.
Snowden: “Sie sind das Ziel“
Im Grunde geht es um Demokratie, darin sind sich Greenwald und Snowden einig. Die Bedenken der Bundesrepublik Deutschland, die ihm bisher kein Asyl gewähren will, sind für Snowden unverständlich. Schließlich sei Deutschland an der EU-Spitze und müsse somit nicht mit gravierenden Konsequenzen rechnen. Am liebsten würde er in seine US-Heimat zurückkehren. Jedoch sehe er nach derzeitiger Gesetzeslage keine Möglichkeit, einen fairen Prozess vor einem US-Gericht erwarten zu können. Er selbst sehe das Positive in seiner verfahrenen Situation: “Es ist eine Gelegenheit.“ Denn so könne er am effektivsten Einfluss nehmen.
Der Preis ist hoch -"Ja, ich habe mit dem, was ich tat, mein Leben bis auf den Boden heruntergebrannt. Aber ich würde es jedes Mal wieder genauso tun. Denn es liefert ja auch neuen, fruchtbaren Boden.", sagte Snowden. Dann wandte er sich an das vor allem aus IT-Experten anwesende Plenum und appellierte: “Sie sind das Ziel.“ Den Geheimdiensten gehe es um den Zugang zur digitalen Infrastruktur. An diese wollen sie durch die IT-Branche gelangen. Snowden als ehemaliger Techniker für IT-Sicherheit und Systemadministrator der NSA weiss, wovon er spricht.
Man solle es ihnen in der Entwicklung neuer Technlogie schwer machen, die Kommunikation schützen, für Sicherheit sorgen. Dabei verwies er bei den aktuell aufgedeckten Cyberangriffen auf Gemalto und den belgischen Telekomanbieter Belgacom auf Sicherheitslücken. Während investigative Journalisten und Whistleblower als ihre wichtigen Informationsgeber demokratische Verfehlungen an die Öffentlichkeit liefern, werden sie oft in die Nähe des Terrorismus gerückt. Menschenrechts- und Journalistenorganisationen wie Reporter ohne Grenzen verurteilen diese Verfolgung scharf.
Neben Greenwald und Snowden befinden sich viele andere Freiheitsaktivisten im Asyl oder in Gefangenschaft, darunter WikiLeaks-Pionier Julian Assange, der seit Juni 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London festsitzt. Die Enthüllungsjournalistin Laura Poitras und Sarah Harrison sowie der Internet-Aktivist Jacob Appelbaum leben im deutschen Exil, während der ehemalige US-Soldat Chelsea Manning eine 35-jährige Haftstrafe verbüßt, da er Beweise über Kriegsverbrechen der US-Army im Irak an WikiLeaks weiterleitete.
Cybersecurity setzt auf neue Trends
Bereits am Montag sprach Jadran Mesic, Abteilungsleiter beim Verfassungsschutz für Spionageabwehr und Analyse von Cyber-Angriffen, von täglich 2.000 bis 3.000 Angriffen auf das Netzwerk der Bundesregierung. Dabei gäbe es bei immerhin fünf davon starken Verdacht auf Aktivitäten ausländischer Geheimdienste. Vor allem die deutsche Automobil- und Rüstungsindustrie sowie Forschungseinrichtungen ständen im Visier.
Der neue Trend der CeBIT als IT-Fachmesse geht dahin, verstärkt Fachbesucher anzusprechen. “Unser Konzept der klaren Fokussierung auf eine Business-to-Business-Messe greift. Die CeBIT wächst in der Fläche um mehr als fünf Prozent bei stabiler Zahl der Aussteller von 3.300 aus 70 Ländern“, so CeBIT-Chef Oliver Frese. Zwar sind es so viele Aussteller wie im Jahr 2014, jedoch haben viele Aussteller ihre Stände vergrößert. Die #CeBIT15 gewährt noch bis zum 20. März Einblicke in das Digitale von Morgen.

weitere Informationen: https://www.cebit.de

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